Um die Vorspanneiche

Blick über den Wimberg auf den Silberg

Nördlich der Stadt Hilchenbach überquert man auf der L728 den Rothaarkamm bei etwa 500 m Höhenlage und dabei auch die uralte Stammes- und spätere Hoheitsgrenze, die einst das Siegerland von Kurköln trennte. Eine Grenze, an der die Menschen sich durch mächtige Hecken, hohe Wälle und tiefe Gräben voneinander abzuschotten versuchten;  eine Grenze, die gleichzeitig die niederdeutsche Sprache im ‚Kölschen‘ von der hochdeutschen Sprache (‚moselfränkisch‘) der Siegerländer trennte; ferner vom 16. Jahrhundert an aber auch eine Religionsgrenze zwischen dem katholisch gebliebenen Herzogtum Westfalen und der protestantisch gewordenen Grafschaft Siegen-Nassau. Die Wanderroute folgt dieser Grenze hoch zum Wimberg mit seinen alten numerierten Grenzsteinen, talabwärts entlang den Resten der alten Landhecke, vorbei an der Wigrow und der alten Landwehr. Vorbei am sagenbehafteten ‚Dollenbruch‘ mit seinen naturgeschützten Hochmooren und uralten Wacholderheiden und vorbei am ‚Teufelsbruch‘, wo im ausgehenden Mittelalter der erste Freistuhl in Westfalen seinen Platz hatte.

Die Vorspanneiche zwischen Hilchenbach und Brachthausen

Wegetafel auf dem Wanderparkplatz VorspanneicheStart und Ziel dieser Rundwanderung ist der idyllisch gelegene Wanderparkplatz Vorspanneiche zwischen Hilchenbach und Brachthausen (Navi-Eingabe N51°01’18“ E008°04’21“). Der Name Vorspanneiche lässt darauf schließen, dass dieser sauerländische Pass schon immer ein wichtiger Verkehrsweg war. Er besagt, dass hier wohl früher die Pferde, die die Kaufleute sich im Tal Vorspanneiche mit Wanderweg „K“ zum Schartenbergausgeliehen und vor ihren Wagen gespannt hatten, um den Berg einfacher hinaufzukommen, wieder abgespannt wurden. Heute führt die Landstraße L728, die die Orte Hilchenbach und Kirchhundem miteinander verbindet, über diesen Pass. Dabei wird eine Höhe von fast 545 m erreicht. Der Parkplatz Vorspanneiche befindet sich etwas unterhalb dieser Straße auf genau 540 m Höhe.

Alte Handelswege und Landwehren um die Vorspanneiche

Nassauischer Grenzstein auf dem Wimberg am Hilchenbacher HöhenringDie historischen Wege verliefen längs über die Höhen und quer durch die Täler. Heutige Straßen verlaufen genau umgekehrt, nämlich längs durch die Täler und quer über die Höhen. Da der Verkehr und der Transport von Gütern beschwerlich war, reiste man nur, wenn es sein musste und wählte die Strecke so kurz wie möglich. Kleine Städte wie Hilchenbach entstanden längs des Weges; Gasthöfe boten Übernachtungsmöglichkeiten für die Handeltreibenden, und es entstanden Fernhandelswege wie der Brüderweg, die Eisenstraße, die Heidenstraße oder der Kriegerweg. Der jeweilige Landesherr bot den fremden Kauf- und Fuhrleuten gegen Entgelt Geleitschutz. Damit diese nicht auf den Gedanken verfallen, ihre Waren durch ein anderes Territorium zu transportieren, werden die Wege instand gesetzt und ggf. auch Brücken gebaut. Für die Benutzung werden Zölle erhoben. Damit sich niemand diesen Abgaben entziehen kann, wird der Güterverkehr  in regelmäßigen Abständen entlang der Straße kontrolliert. Dafür muss ein Amtshaus, eine Reste der alten Landhecke unterhalb des Wimbergs parallel zum Hilchenbacher HöhenringBurg, ein Landwehrwall bzw. ein Schlagbaum (‚Schlag‘) angelegt werden, denn es bringt Geld ein, wenn man eine gute Fernstraße im Lande hat. Heute sind diese alten Straßen fast vergessen, sie sind überwachsen, zu Waldwegen geworden oder ganz verkommen und zerstört. Mit einem geübten Auge erkennt man aber noch, dass man auf einem dieser historischen Handelswege entlang wandert.

Die Wigrow in Müsen

Zeltlager einer Jugendgruppe auf der WigrowDie Wigrow ist eine Lichtung im Nordosten von Müsen. Fichten, Ahorn und alte Eichen umgeben das Gelände, auf dem mehrere Ruhebänke mit Tischen zum Verweilen und Rasten einladen. An jeder dieser Sitzgruppe ist Platz für eine ganze Familie. Überhaupt ist alles vorhanden, was man für einen gemütlichen oder fröhlichen Tag und Abend in freier Natur braucht. Eine Schutzhütte ermöglicht es Besuchern, auch stärkere Schauer trocken zu überstehen. Vor allem aber steht am Rand der Lichtung eine Grillhütte. Dort Die Grillhütte auf der Wigrowdarf sich der Besucher sein Essen zubereiten, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu geraten, das ja sonst das Feuer im Wald und dessen Nähe von April bis Oktober verbietet. Zu den Einrichtungen gehört außerdem eine schlichte Trockentoilette. Auf der Wiese, die umsäumt ist mit hohen Stauden, ist genug Platz zum Toben, Spielen und zum Zelten. Unterhalb des Platzes rinnt der Winterbach aus einer Quelle, die der SGV im Jahr 1960 einfasste. Die Wigrow könnte früher eine Meilerstätte des einstigen Weilers Merklinghausen gewesen sein, der seit Mitte des 17. Landwehr am Wanderparkplatz WigrowJahrhunderts eine Wüstung ist. Eine andere Erklärung sieht in der Wigrow einen ‚heiligen Hain‘ und zugleich den Sitz eines Fehmegerichts, des ‚Freien Stuhls an der breiten Eiche‘. Doch durften solche Freistühle nur auf westfälischer Erde liegen – die aber wäre erst 500 Meter weiter nördlich, in der Gemarkung Brachthausen, zu finden. Das würde auch die Namen der dort angrenzenden Fluren ‚Auf dem Tanzplatz‘ und ‚Teufelsbruch‘ erklären: Fehmegerichten haftete etwas Geheimnisvolles an.

Das Dollenbruch bei Silberg

Blick über den Weidekampen zum WimbergUnmittelbar hinter der Schutzhütte des Wanderparkplatzes Wigrow überquert der Wanderweg „K“ den Dollenbrucher Bach und führt uns am Rande des Dollenbruchs am Freistuhl, an Weidekampen und Wacholderheideflächen vorbei stetig bergan nach Nordosten zurück zur Vorspanneiche. Das mysteriöse Dollenbruch mit den beiden Naturschutzgebieten ‚Teufelsbruch‘ und ‚Danzeplatz‘ befindet sich südöstlich des Ortes Silberg. Das nach Nordosten offene Silbergtal wird durch den Silberger Bach entwässert, der in seinem Quellgebiet zunächst Dollenbrucher Bach heißt. Im Süden von Silberg befindet sich die Kreisgrenze zum Kreis Siegen-Wittgenstein, die frühere Landesgrenze des Herzogtums Westfalen zur Grafschaft Nassau-Siegen, das sogenannte Kölsche Heck. Dieses beschreibt den hier gemeinsamen Verlauf der Uerdinger und der Benrather Linie, die hier als gemeinsame feste Sprachgrenze den niederdeutschen Sprachraum vom moselfränkisch sprechenden Siegerland trennen. Das Dorf Silberg Wacholderheidefläche südlich der Vorspanneichedürfte erst nach dem Jahr 1000 n. Chr. besiedelt worden sein. Im Jahr 1395 wird Silberg in der Urkunde genannt, mit der die Gebrüder Pepersack den vierten Teil der Freigrafschaft Hundem an Heidenreich von Heggen und Wilhelm Vogt von Elspe verkaufen. Zu dem Verkauf gehörte auch das Freistuhlgut und der Freistuhl in Silberg. Bei dem Freistuhl handelte es sich um eine Gerichtsstätte der in Westfalen üblichen Femegerichtsbarkeit, die seit dem 14. Jahrhundert aufblühte. Vorsitzende der Freistuhlgerichte waren die sogenannten Freigrafen, die vom Stuhlherren bestellt wurden.

Wegpunkte Rundwanderung Vorspanneiche

Route der Rundwanderung um die Vorspanneiche

WP1  N51°01.2932 E008°04.3511, Wanderparkplatz Vorspanneiche
WP2  N51°01.2751 E008°04.7626, Wimberg
WP3  N51°00.0905 E008°03.5949, Wigrow
WP4  N51°00.4148 E008°02.9664, Wanderparkplatz Wigrow
WP5  N51°00.9446 E008°03.4257, Wegespinne Dollenbruch/Freistuhl

Route Um die Vorspanneiche (gpx)
Fotos Um die Vorspanneiche

Über Dieter

Nach fast 50 Jahren Berufstätigkeit seit dem 1.10.2012 im Ruhestand. Meine freie Zeit verbringe ich mit Fotografieren, ehrenamtlicher Web-Administration, Desktop Publishing, Digitalisierung von Fonts, Digitalisierung von Hörspielen usw. Daneben interessiere ich mich für Theater und für Kunstgeschichte sowie Geschichte allgemein.
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