Schriftkünstler

Header mit Schriftzug Schriftkünstler und Druckerwappen

William Morris

Schriftprobe der Kelmscott Press von William MorrisDie deutsche Buchkunst geht in ihren Anfängen auf die Anregungen des englischen Dichters, Sozialreformers und kühnen Erneuerers des Kunstgewerbes William Morris (1834-1896) zurück, der seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts in Anlehnung an die alten Meister der Druckkunst auch neue Wege zur künstlerischen Wiedergeburt des Buch- und Schriftwesens aufzeigte. William Morris gründete im Jahre 1890 in Hammersmith, das damals noch Vorstadt von London war, die Kelmscott Press, die Bücher nach alten handwerklichen Grundsätzen herstellen sollte.

Karl Klingspor

Foto von Karl KlingsporKarl Klingspor und sein Bruder Wilhelm brachten die am 28. Juli 1892 vom Vater erworbene „Rudhardsche Gießerei“ (1906 in „Gebrüder Klingspor“ umbenannt) in Offenbach am Main innerhalb weniger Jahre zu Weltruhm. Karl Klingspor ist der erste Schriftgießer, der planmäßig Künstler zum Entwerfen von Druckschriften heranzieht. Ein einheitlicher Gesamtwille prägte sich in allen Erzeugnissen seiner Schriftgießerei aus, so verschieden auch die für Klingspor tätigen Künstler wie Otto Eckmann, Peter Behrens, Otto Hupp, Rudolf Koch und Walter Tiemann in ihren künstlerischen Einstellungen auch waren.

Otto Eckmann

Porträit von Otto EckmannOtto Eckmann ist der eigentliche Schöpfer des Jugendstils. Er hat die Pflanzenformen, die ihm aus seiner malerischen Periode vertraut waren, ornamental verwendet und jene merkwürdig verschlungenen und gebogenen Linien eingeführt. Die Eckmannschrift ging von der Antiqua aus, da diese Schrift Eckmanns Anspruch an Klarheit am besten genügte. Es ist charakteristisch, dass die Eckmannschrift nicht als Buchschrift, sondern als Akzidenzschrift ihre Hauptverwendung gefunden hat. So ist es nicht verwunderlich, dass der Eckmannschrift nur eine kurze Ruhmeszeit beschieden war und sie bald durch andere Schriften, die vielleicht ebenso originell waren, aber auf die Bedürfnisse der Drucker und Leser mehr Rücksicht nahmen, verdrängt wurde. Otto Eckmann verstarb im Alter von 37 Jahren unheilbar lungenkrank am 11. Juni 1902 in Badenweiler.

Peter Behrens

Foto von Peter Behrens in seinem ArbeitszimmerWie Eckmann ging Peter Behrens vom Kunstgewerbe aus. Er leitet Meisterkurse für Schrift in Nürnberg und geht 1903 als Direktor der Kunstgewerbeschule nach Düsseldorf, wo durch ihn gefördert jene vielgenannten Schriftkurse stattfanden, in denen Anna Simons die Schreibkunst Edward Johnstons lehrte und Fritz Helmut Ehmke seine Schüler mit der Methode Rudolf von Larichs vertraut machte. 1907 wurde Peter Behrens künstlerischer Beirat der AEG in Berlin, ohne dessen Rat und Beihilfe kein Inserat und kein Katalog das Haus verließ. Dieses Vorgehen der AEG hat später viele Nachahmer gefunden. Behrens ist ein Künstler, der immer im praktischen Leben stand, und dessen Kunst sich gern in den Dienst des Kommerziellen stellte: Ein künstlerisch schöner Gebrauchsgegenstand hat in erster Linie seinem Zweck zu entsprechen. Ein Ausdruck dieser Gesinnung ist auch die Behrensschrift, deren Entwürfe auf das Jahr 1899 zurückgehen. Die Behrensschrift besitzt, wie auch die später geschaffenen Schriften, die Behrens-Kursiv (1906 bis1907), die Behrens-Antiqua (1907 bis 1908) und die Behrens-Mediaeval (1909 bis 1912), einen streng architektonischen Stil. Sie will, wie die Eckmannschrift, eine ausgesprochen deutsche Schrift sein, indem sie Züge der Antiqua und der Fraktur aufnimmt, will sie eine neue Schrift schaffen, die beide Schriftarten vereinigt. Peter Behrens verstarb 1940.

Otto Hupp

Foto von Otto Hupp im ProfilSein Werk verstehen heißt eigentlich, die moderne Buchkunstbewegung in ihren Wurzeln erkennen. Kein Künstler des Klingsporschen Kreises hat mit mehr Konsequenz und größerer Einsicht in die Beschränkung auf das Notwendige gearbeitet. Schon im Jahre 1899 war gleichzeitig mit der Eckmann- und der Behrensschrift die „Neudeutsch“ von Otto Hupp in der Schriftgießerei Genzsch & Heyse erschienen, eine lebensvolle, bewegliche Schrift von starker Wirkung. Mehr noch als diese Schrift sollte eine andere die große Schriftbegabung Otto Hupps zeigen, die  „Liturgisch“, die in den Jahren 1905 bis 1906 bei Klingspor geschnitten und gegossen wurde. Heinrich Wallau bezeichnet sie als „die neue deutsche Schrift Hupp-Klingspor“. Die Liturgisch ist eine ihrem Grundcharakter nach gotische Schrift, der aber auch Züge der anderen deutschen Schriftarten nicht fehlen. Ihr ernster, gedrängter, feierlicher Duktus lässt sie für kirchliche Zwecke besonders geeignet erscheinen. Otto Hupp verstarb am 31. Januar 1949 in Oberschleißheim bei München.

Rudolf Koch

Rudolf Koch bei der ArbeitRudolf Koch der „Schreiber“, wie er sich selbst zu nennen pflegte, trat 1906 in die schon berühmt gewordene Schriftgießerei Gebr. Klingspor ein. Neben der gotischen Schrift lag ihm die Fraktur, die eigentlich deutsche Schrift, am nächsten, deren traditionelle Elemente er bei dem mageren Schnitt seiner ersten Meisterleistung, der „Deutschen Schrift“, der 1918 herauskam, wieder mehr betont hatte. Noch mehr geschah das bei der „Deutschen Anzeigenschrift“, mit deren Schnitt ein Jahr später bei Klingspor begonnen wurde, die 1923 in breiter, schmaler und enger Abwandlung herauskam. Ein glänzendes Beispiel für die letzte Entwicklung des Meisters ist die „Claudius“, die sein Sohn Paul Koch nach Vorlagen und Anweisungen seines Vaters in einem Grad auf dem Stempel übertragen hat, eine der herrlichsten Frakturschriften, die er im Geist der gotischen Schrift der Frühdrucke gehalten hat, und die er sein Lieblingskind nannte. Rudolf Koch war 58 Jahre alt, als am 9. April 1934 ein Herzschlag seinem Leben ein Ende machte.

Walter Tiemann

Foto von Walter TiemannDas Problem, eine Fraktur zu schaffen, die, von den barocken Zutaten eines irrenden Geschmacks befreit, dem geläuterten Schönheitsempfinden der Zeit entsprach und das Eigentümliche des deutschen Wesens in klassischer Weise zum Ausdruck brachte, war bis zum Jahre 1912 noch nicht gelöst worden. Die kühnen Versuche Otto Eckmanns und Peter Behrens‘, eine ganz neue deutsche Schrift zu schaffen, hatten die Fraktur nicht verdrängen können. 1912 bis 1912 entstand die Tiemann-Fraktur, klar und sachlich, ohne Überschwang und gewollte Zierlichkeit. Gleichzeitig mit der Tiemann-Fraktur erschien eine graziöse Zierschrift, die „Peter Schlemihl“, und 1920 die fette Tiemann-Fraktur, die als Auszeichnungsschrift gedacht war. Von 1917 bis 1924 gestaltete er seine Gotisch. In den Jahren 1922 bis 1923 entstand seine Antiqua, 1923 bis 1925 seine Antiqua-Kursiv und 1925 bis 1927 eine halbfette Antiqua. Wie Tiemanns Fraktur die erste wirkliche Fraktur der neuen Zeit war, weil sie bei aller in ihr waltenden künstlerischen Freiheit die traditionellen Wesenselemente der Fraktur bewahrte und zum Ausdruck brachte, so ist seine Antiqua die erste deutsche Antiqua der neuen Zeit, die diesen Namen im vollen Umfang verdiente. Walter Tiemann verstarb am 12. September 1951 in Leipzig.

Heinrich Wieynck

Schriftprobe der Wieynck-GotischHeinrich Wieynck wurde am 15 September 1874 in Barmen geboren. Er empfing seine künstlerische Ausbildung an der damaligen Unterrichtsanstalt des Königlichen Kunstgewerbe-Museums zu Berlin und hielt sich anschließend zum Zwecke des künstlerischen Studiums mehrere Jahre im Ausland auf. Von 1901 bis 1910 folgte eine bibliothekarische Tätigkeit an der Bibliothek des Kunstgewerbe-Museums zu Berlin unter Geheimrat Jessen und von 1910 bis 1914 eine Lehrtätigkeit an der Städtischen Kunstgewerbeschule zu Charlottenburg. Am 1. April 1914 wurde Wieynck von der sächsischen Regierung als Vorstand der Kunstgewerbebibliothek nach Dresden berufen. Heinrich Wieynck gehörte neben Eckmann, Peter Behrens, Ernst Rudolf Weiß und Rudolf Koch zu den Pionieren der neuzeitlichen Schriftkunst. Von der „Trianon“ (1905) bis zur „Neuen Verkehrsschrift“ (1931) hat Wieynck eine große Anzahl Schriften geschaffen. In bibliophilen Kreisen war er als gründlicher Kenner des Schrift- und Buchwesens sowie auf dem Gebiete der Buchausstattung bekannt und geschätzt. Heinrich Wieynck verstarb am 4. September 1931 in Saarow in der Mark.

Herbert Post

Foto von Herbert Post bei der ArbeitHerbert Max Otto Post – wie er mit vollem Namen hieß – wurde am 13. Januar 1903 in Mannheim geboren. Von 1920 bis 1922 erlernte er zunächst das Buchdruckerhandwerk als Voraussetzung für die Aufnahme in die Kunstgewerbeschule. Rudolf Koch holte ihn noch 1922 in seine Meisterklasse, die „Schreiberwerkstatt“, die elf Plätze umfasste und nur den Begabtesten offen stand. 1950 wurde er an die Werkkunstschule in Offenbach/Main berufen. 1956 folgte der Ruf an die Akademie für das graphische Gewerbe in München. Herbert Post starb infolge einer Herzschwäche am 9. Juli 1978 in seinem Urlaubsort Bayersoien und wurde in Lohhof bei München beigesetzt.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert